Sie ist historisch und modern zugleich, und sie ist Deutschlands größte autofreie Zone. Dass es die Gartenstadt Piesteritz bei Lutherstadt Wittenberg überhaupt noch gibt, ist ein kleines Wunder. 363 Wohnhäuser, jedes mit eigenem Garten, dazu Schule, Rathaus, Kirche und Vereinshaus. Für die Arbeiter der ehemaligen Reichsstickstoffwerke wird die Siedlung vor hundert Jahren erbaut. Sie birgt hinter ihren beschaulichen Fassaden bis heute bewegende Geschichten von Umbruch und Streben nach sozial verträglichem Wohnen für Familien, Singles und Senioren. Im Schatten des Stickstoffwerkes haben die Piesteritzer seit jeher all die Höhen und Tiefen erlebt, die die Region nachhaltig geprägt haben: Den Zweiten Weltkrieg, die deutsche Teilung, SED-Herrschaft und die sozialistisches Wirtschaft. Der Zusammenbruch der DDR wird für die Piesteritzer Menschen zur Herausforderung. Bis heute legt der Denkmalschutz seine schützende Hand über die ehemalige Werkssiedlung. Doch die Eigentümer kommen und gehen. Erst zum Jahresbeginn hat es den letzten Besitzerwechsel gegeben. Und wieder stehen die Piesteritzer an einem Wendepunkt. Welche Träume und Visionen haben die Bewohner und die Stadt Wittenberg für ihren geschichtsträchtigen Wohnkomplex, der in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert? Der Film nimmt die Zuschauer mit auf Entdeckung in die Gartenstadt und trifft Menschen, denen die Siedlung am Herzen liegt. Menschen, die auch in den grauen Zeiten geblieben sind und heute in Piesteritz ihr Glück gefunden haben. Klaus Wipper wohnt mit seiner Frau Rosemarie im Gartenweg. Er ist sechs Jahre alt, als seine Eltern mit ihm in die Siedlung ziehen. Später macht er im Werk eine Ausbildung zum technischen Zeichner und arbeitet sich zum leitenden Ingenieur hoch. Die Gartenstadt will er nie verlassen, auch wenn ihn das Leben hier auf so manche harte Probe gestellt hat. Etwa 1986, als ein Hafensilo der Stickstoffwerke explodiert. Klaus Wipper gerät ins Visier der Stasi und verliert