Die libanesische Hauptstadt Beirut war schon immer eine Stadt zwischen Orient und Okzident, in der Handelsrouten und unterschiedlichste Einflüsse aufeinandertrafen und in der die Schönheit in allen Facetten des Alltags eine wesentliche Rolle spielte. Schön zu sein bedeutet im Libanon, Eindruck zu hinterlassen, Aufmerksamkeit zu erregen und mehr Gehör zu finden. In Beirut spielen Frauen geschickt mit den Regeln und Einschränkungen ihrer Gesellschaft, um sich trotz der archaischen Strukturen in vielerlei Hinsicht zu emanzipieren. Dabei dienen ihnen Schönheit und Verführungskunst als Waffen, um ihre Beziehungen zur Außenwelt und zu den Männern neu zu definieren und ihren Platz in der Gesellschaft zu behaupten. Unabhängig von der Glaubenszugehörigkeit ist das Streben nach Schönheit ein wahrer Volkssport. Hohe Absätze, akkurat manikürte Fingernägel und ein perfektes Styling sind selbst in Alltagssituationen selbstverständlich. Die Frauen legen großen Wert darauf, ihre Weiblichkeit richtig zur Geltung zu bringen – und dass dies nicht unbemerkt bleibt. Die Libanesinnen sind Verführerinnen, denn sie müssen sich in einem Land durchsetzen, in dem auf einen Mann sieben Frauen kommen. In einem Land mit 18 anerkannten Religionsgemeinschaften ist die Erkennung der Glaubenszugehörigkeit anhand äußerer Merkmale eine Kunst für sich. Natürlich gibt es ein paar eindeutige Hinweise, sei es durch einen Kreuzanhänger oder ein Kopftuch. Doch nicht selten trügt der Schein. Auch wenn er auf den ersten Blick sehr westlich zu sein scheint, bleibt der Libanon doch ein orientalisch geprägtes Land, in dem Patriarchat und religiöses Bekennertum dominieren. Marie-Thérèse Khair Badawi, Professorin für Psychologie an der Université Saint-Joseph in Beirut, entschlüsselt das Spiel, bei dem hinter einer äußerst liberalen Fassade das Tabu der Jungfräulichkeit wie ein Damoklesschwert über den jungen Frauen hängt und viele sich das Jungfernhäutchen chirurgisch wied